Probleme mit den neuen VBZ Doppelgelenk-Trolleybussen

Die VBZ beschafften in den letzten Monaten zwölf neue Doppelgelenkbusse als Ersatz für kleinere, ältere Trolleybusse. Davon steht nun aber knapp die Hälfte mit Defekt still. Grund ist der Teil der Technik, der als «weltweit einzigartig» gerühmt wurde.

 

Von Reto Scherrer - Neue Zürcher Zeitung

Anfangs Oktober 2012 war  "der Stolz von Zürich"  zu Testzwecken einige Tage in der Stadt Salzburg unterwegs                                                               Foto: Marcel Manhart

 

 

Sogar mit Plakaten kündigten die VBZ die Inbetriebnahme von zwölf neuen Doppelgelenkbussen auf der Strecke der Linie 32 an. Darauf wurde den Fahrgästen versprochen, sie hätten künftig deutlich mehr Platz. Die Trolleybuslinie war nämlich in den letzten Jahren chronisch überlastet. Die neuen Fahrzeuge für über 200 Passagiere sollten laut den Ankündigungen ihre in die Jahre gekommenen Vorgänger – mit nur einem Gelenk, nicht niederflurig und am Ende der technischen Lebensdauer – ablösen.

 

 

Versprechen nicht gehalten

 

Weil die Kapazitäten mit den Doppelgelenkbussen grösser werden sollten, wurde auf den Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember hin gar der Takt in den Spitzenzeiten etwas ausgedünnt. Bis dahin, so versprachen die VBZ, «sind alle kleineren Gelenkbusse durch die neuen Fahrzeuge ersetzt». Dem ist allerdings noch heute nicht so.

 

Momentan verkehren die verschiedensten Busse als 32er, keineswegs nur die fabrikneuen Doppelgelenkbusse «Longo 2». Das fällt zurzeit wohl nur wenigen auf, aber ab nächster Woche, wenn die Pendlerströme nach den Fest- und Ferientagen wieder auf das normale Niveau anschwellen, werden die im Gedränge Stehenden bemerken, dass sich die versprochene Kapazitätserweiterung in ihr Gegenteil verkehrt hat.

 

Der Grund für den wieder knapperen Platz auf der Strecke zwischen Holzerhurd in Zürich Affoltern und dem Strassenverkehrsamt liegt in der Batterieladesteuerung der neuen Busse, wie Andreas Uhl, Sprecher der VBZ, auf Anfrage erklärt. Von den 12 Fahrzeugen könnten lediglich 6 bis 8 eingesetzt werden. Der Rest leide an «technischen Kinderkrankheiten» bei der Elektronik. So sei in einem Fall zum Beispiel die Heizung komplett ausgefallen, andere Busse seien unvermittelt und unverrückbar auf offener Strecke – oder gar mitten auf einer Kreuzung – stehengeblieben. Die Probleme mit der Technik äusserten sich auch auf andere Arten, aber alle mit dem gleichen Resultat: Jeden Tag müssen einige der 25 Meter langen Busse in der Garage in Zürich Hardau bleiben.

 

Besonders ärgerlich ist für die Beteiligten, dass die technischen Schwierigkeiten ausgerechnet mit jenem Bereich in Zusammenhang stehen, der anlässlich der Präsentation der neuen Busse als «weltweit einzigartige Kombination» angekündigt wurde. Die Trolleybusse verfügen nämlich nicht über einen Dieselmotor als Notaggregat für den Fall, dass die Stromversorgung vorübergehend nicht verfügbar ist, sondern über eine Lithiumionenbatterie. Diese ist leiser als die bisherigen Notaggregate, verursacht keine Schadstoffemissionen und ist erst noch leistungsfähiger – wenn sie funktioniert. Gegenwärtig liegt bei der Batterie das lahmlegende Problem.

 

Uhl weiss aus Erfahrung, dass jedes neue Fahrzeug irgendwelche technischen Marotten mitbringt, die es zunächst auszumerzen gilt. Doch dafür genügten normalerweise zwei bis drei Wochen; eine Zeitspanne, die auch für die Indienststellung der neuen Doppelgelenkbusse eingeplant gewesen war und die nun längst verstrichen ist.

 

 

Lieferant einbestellt

 

Für die VBZ ist die Situation unangenehm, doch weil es sich um einen Mangel bei der ganzen Serie handelt, steht vor allem der Hersteller in der Pflicht, die Hess Carrosserie AG aus Bellach im Kanton Solothurn. Diese wurde laut Uhl mit andern Lieferanten auf nächste Woche zum Gespräch einbestellt; die in solchen Fällen nötigen juristischen Schritte seien bereits in die Wege geleitet. Die VBZ hätten die Doppelgelenkbusse bereits bezahlt, jetzt wollten sie diese auch nutzen können. Es gehe dabei nicht in erster Linie um Entschädigungszahlungen, sondern um eine speditive Behebung der Probleme. Jeder Tag sei nun mit Blick auf die Kapazitäten bei der Trolleybuslinie 32 entscheidend; für den Betrieb sei man auf alle neuen Busse angewiesen.

 

In Bellach war derweil niemand erreichbar; die Firmenleitung weilt noch bis nächste Woche in den Ferien. Wohl auch zur Freude der VBZ ist aber die technische Hotline in Betrieb. Doch sie kann auch nicht viel weiterhelfen. Die Hess AG fungiert bei der Lieferung der neuen Trolleybusse als Generalunternehmer; die problembehafteten Elemente stammen dagegen von der Düsseldorfer Firma Vossloh Kiepe. Diese ist Teil des Vossloh-Konzerns, der für das vergangene Jahr mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro rechnete; die zwölf Batterieladesteuerungen in Zürich werden nicht oberste Priorität haben.

Laut Uhl haben die heutigen Probleme vorerst keine Auswirkungen auf die in diesem Jahr erfolgende Beschaffung von rund zwanzig Gelenktrolleybussen, für welche die Hess Carrosserie AG zeitgleich im Sommer 2011 den Zuschlag zur Lieferung erhalten hatte. Insgesamt beläuft sich das Auftragsvolumen auf rund 45 Millionen Franken.