Die Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs beschliessen per 12. Dezember 2010 Tariferhöhungen

Der stetige Angebotsausbau im öffentlichen Verkehr führt zu höheren Kosten beim Personal, bei der Sicherheit, der Energie und dem Unterhalt. Zusätzlich sind hohe Investitionen für neues Rollmaterial nötig, alleine die SBB investiert in den nächsten Jahren über 20 Milliarden Franken in das Rollmaterial. Deshalb haben die Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs auf 12. Dezember 2010 eine allgemeine Preiserhöhung von durchschnittlich 6,4 Prozent beschlossen. Darin enthalten ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 0,4 Prozent.

Am 5. März 2009 haben die Schweizer Transportunternehmungen aus Rücksicht auf die damalige Wirtschaftslage auf die ursprünglich geplanten Preiserhöhungen per Dezember 2009 verzichtet. Dies obwohl die Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs ihre Angebote (seit Fahrplanwechsel Dezember 2007 beispielsweise SBB +6 Prozent Zugkilometer, BLS +13,5 Prozent, Postauto +14 Prozent Jahreskilometer) und den Service laufend ausbauen. Zudem belasten die Engpässe beim Rollmaterial und der Infrastrukturunterhalt die Budgets der einzelnen Unternehmen immer stärker. Damit die steigenden Kosten für den Betrieb gedeckt und die zukünftigen Investitionen gesichert werden können, sind die Transportunternehmungen zwingend auf mehr Erträge angewiesen.

Angesichts der angespannten Finanzlage von Bund und Kantonen muss davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Hand nicht alle zusätzlichen Kostenfaktoren ausgleichen wird. Eine Preiserhöhung ist daher unvermeidlich. Deshalb hat das zuständige Organ der Schweizer Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs beschlossen, die Tarife auf den 12. Dezember 2010 zu erhöhen.

Dabei sind sich die Transportunternehmungen ihrer sozialpolitischen Verantwortung bewusst und belassen die Tarife für GA Behinderte, GA Kind, GA Plus Familia Kind sowie für das GA Plus Familia Jugend auf dem heutigen Stand. 

Gemäss den geltenden Bestimmungen läuft ab heute während 30 Tagen die Gesamtabstimmung bei über 200 am Tarif beteiligten Transportunternehmungen. Danach sind die Tarife definitiv und gelten ab Fahrplanwechsel vom 12. Dezember 2010.

 

Gewöhnliche Billette und Streckenabonnemente
Die Erhöhung bei gewöhnlichen Billetten und bei Streckenabonnementen beträgt 3,4 Prozent und beinhaltet wie alle anderen Sortimentskategorien die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozent.

 

Halbtaxabonnemente
Die Erhöhung beim 1-Jahres-Halbtax ist die erste seit 1993. Das Halbtaxabonnement ist die beliebteste Rabattkarte der Schweiz. 75 Prozent der Einzelbillette werden heute in Kombination mit einem Halbtax-Abonnement gelöst. Die Verantwortlichen des öffentlichen Verkehrs sind überzeugt, dass die Erhöhung mit 15 Franken für das 1-Jahres-Halbtax moderat angesetzt ist.

 
Karte

Preis aktuell
in CHF

neuer Preis
in CHF

Erhöhung
in CHF

Erhöhung
in %

Halbtax mit Visa Karte

125.–

135.–

10.–

8.0

1-Jahres-Halbtax

150.–

165.–

15.–

10.0

2-Jahres-Halbtax

250.–

300.–

50.–

20.0

3-Jahres-Halbtax

350.–

400.–

50.–

14.0

 

Generalabonnemente.

Das überaus beliebte Generalabonnement wird zunehmend als Pendlerfahrausweis für immer längere Distanzen benutzt. Diese an sich erfreuliche Tatsache führt dazu, dass die Erträge pro gefahrenen Kilometer bei den Transportunternehmungen laufend zurückgehen. Heute erhalten die Transportunternehmungen nur noch rund 10 Rappen pro gefahrenen Kilometer – Tendenz fallend. Trotz der Erhöhung von durchschnittlich 6,7 Prozent weist das GA auch weiterhin ein sehr gutes Preis- Leistungsverhältnis auf.

Keine Preisanpassungen wurden dagegen beim GA Kind, GA Plus Familia Kind, GA Plus Familia Jugend und GA Behinderte vorgenommen.

 

2. Klasse

Sortiment

Preis aktuell
in CHF

neuer Preis
in CHF

Erhöhung
in CHF

Erhöhung
in %

GA Erwachsene

3'100.–

3'300.–

200.–

6.5

GA Senior

2'350.–

2'550.–

200.–

8.5

GA Junior

2'250.–

2'400.–

150.–

6.7

GA Junior für Studierende

2'250.–

2'400.–

150.–

6.7

GA Behinderte

2'200.–

2'200.–

0.–

0.0

GA Kind

1'500.–

1'500.–

0.–

0.0

GA-Plus Duo Partner

2'100.–

2'300.–

200.–

9.5

GA-Plus Familia Kind

620.–

620.–

0.–

0.0

GA-Plus Familia Jugend

830.–

830.–

0.–

0.0

GA-Plus Familia Partner

1'700.–

1'850.–

150.–

8.8

GA Hund

650.–

700.–

50.–

7.7

übertragbares GA

5'000.–

5'400.–

400.–

8.0

 


1. Klasse.

Sortiment

Preis aktuell
in CHF

neuer Preis
in CHF

Erhöhung
in CHF

Erhöhung
in %

GA Erwachsene

4'850.–

5'150.–

300.–

6.2

GA Senior

3'700.–

4'000.–

300.–

8.1

GA Junior

3'600.–

3'850.–

250.–

6.9

GA Junior für Studierende

3'600.–

3'850.–

250.–

6.9

GA Behinderte

3'500.–

3'500.–

0.–

0.0

GA Kind

2'500.–

2'500.–

0.–

0.0

GA-Plus Duo Partner

3'200.–

3'500.–

300.–

9.4

GA-Plus Familia Kind

2'500.–

2'500.–

0.–

0.0

GA-Plus Familia Jugend

2'500.–

2'500.–

0.–

0.0

GA-Plus Familia Partner

2'650.–

2'900.–

250.–

9.4

übertragbares GA

7'900.–

8'550.–

650.–

8.2

 

 

Tageskarten.

Wie beim GA muss auch bei diesem Fahrausweissortiment die Ertragssituation verbessert werden. Das bestehende Tageskartensortiment erfährt eine differenzierte Preiserhöhung. Im Durchschnitt beträgt die Erhöhung rund 6,6 Prozent. Dabei steigt der Preis für die normale Tageskarte um 5,6, derjenige der 9-Uhr-Tageskarte um 7.5 Prozent. Die 9-Uhr-Tageskarte ist nur noch Montag bis Freitag gültig. Der Preis der Tageskarte Gemeinde wird um 15 Prozent erhöht, sie ist neu an Wochentagen erst ab 9 Uhr gültig, am Wochenende weiterhin ohne Einschränkungen.

 

Erhöhung der Preise der Tageskarten

Sortiment

Preis aktuell
in CHF

neuer Preis
in CHF

Erhöhung
in CHF

Erhöhung
in %

Tageskarte 1. Klasse

103.–

108.–

5.–

4.9

Tageskarte 2. Klasse

64.–

68.–

4.–

6.3

Multi-Tageskarte (6 für 5) 1. Klasse

515.–

540.–

25.–

4.9

Multi-Tageskarte (6 für 5) 2. Klasse

320.–

340.–

20.–

6.3

9-Uhr-Tageskarte 1. Klasse

87.–

94.–

7.–

8.0

9-Uhr-Tageskarte 2. Klasse

54.–

58.–

4.–

7.4

9-Uhr-Multitageskarte (6 für 5) 1. Klasse

435.–

470.–

35.–

8.0

9-Uhr-Multitageskarte (6 für 5) 2. Klasse

270.–

290.–

20.–

7.4

 


Erhöhung der Preise bei der Tageskarte Gemeinde.

Preis aktuell
in CHF (pro Jahr)

Preis aktuell
in CHF (pro Tag)

neuer Preis
in CHF (pro Jahr)

neuer Preis
in CHF (pro Tag)

9'775.–

30.–

11'300.–

34.–

 

 

Kinder- und Jugendfahrausweise.

Die geplante Tarifrunde bringt auch eine Vereinfachung beim Kindersortiment.

Statt einer Juniorkarte zu 20 und einer Enkelkarte zu 60 Franken

gibt es ab Dezember 2010 ein einheitliches Angebot zu 30 Franken.

Zudem fallen die einschränkenden Bestimmungen für Kleinkinder in begleiteten Gruppen weg. Auch für Kindertagesstätten gilt, dass pro Begleitperson vier Kinder unter sechs Jahren gratis fahren können.

 

 

 

 

 

 

Stellungnahme SEV:

Der SEV erachtet Tarifmassnahmen als massvoll 

Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV nimmt die Preiserhöhungen im öffentlichen Verkehr zustimmend zur Kenntnis. Kostensteigerungen können nicht ausschliesslich über Produktivitätssteigerungen getragen werden, denn das Personal des öffentlichen Verkehrs leistet seit langem grosse Beiträge an Kostensenkungen. Der SEV ist befriedigt, dass Tarifdifferenzierungen nicht im Massnahmenpaket enthalten sind.

 

Anpassungen der öV-Tarife an die Teuerung sind zwar für die Reisenden unangenehm, letztlich aber unausweichlich. Für den SEV, die Gewerkschaft des Verkehrspersonals, sind die jetzt angekündigten Erhöhungen auf Ende Jahr vertretbar.

 

«Die Mehrleistungen des öffentlichen Verkehrs und die Teuerung können nicht immer nur mit Produktivitätssteigerungen finanziert werden», hält SEV-Präsident Giorgio Tuti fest. Das Personal hat in den letzten Jahren seine Effizienz in grossen Schritten gesteigert – Lohnanpassungen halten sich in Grenzen. Der SEV erwartet nun, dass die Unternehmen bereit sind, die Leistungen des Personals weiterhin angemessen zu honorieren.

Weiter zeigt sich der SEV erfreut, dass im Massnahmenpaket keine so genannten differenzierten Tarife vorgesehen sind – also unterschiedliche Preise zu unterschiedlichen Zeiten oder für unterschiedliche Zugskategorien. «Das Schweizer öV-System funktioniert als Service public so erfolgreich, weil es mit dem Taktfahrplan und dem einheitlichen Tarifsystem einfach und allgemein verständlich ist», betont Tuti. Differenzierte Preise könnten das System schwächen – abgesehen davon, dass damit der Kontrollaufwand erhöht und die Aufgaben der Zugbegleiterinnen und -begleiter unnötig erschwert würden.

 

 

 

Stellungnahme Verkehrs-Club der Schweiz (VCS): 

Die Bahn darf nicht einseitig teurer werden 

 

Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz zeigt Verständnis für die Tariferhöhungen, welche die SBB aufs kommende Jahr hin einführen will. Angesichts des Klimawandels darf jedoch die umweltfreundliche Bahn nicht einseitig teurer werden. Das Parlament ist deshalb bei der anstehenden Revision des CO2- Gesetzes gefordert, mit einer CO2-Abgabe auf Treibstoffen für einen Ausgleich zu sorgen.

 

Schiene und Strasse sind nicht zwei voneinander unabhängige Verkehrssysteme. Sie beeinflussen sich vielmehr wechselseitig: Wird das Bahnfahren übermässig teuer, benutzen wieder mehr Leute ihr Auto, um zur Arbeit zu fahren. Der VCS tut sich deshalb schwer mit den Tarifaufschlägen der SBB, auch wenn er die betriebswirtschaftlichen Gründe dafür sehr wohl nachvollziehen kann.

 

Seit die SBB nämlich kein Regiebetrieb des Bundes mehr ist, steht sie unter einem erhöhten finanziellen Druck. Auch haben die SBB und die übrigen Verkehrsbetriebe ihr Angebot in den letzten Jahren beständig ausgebaut. Hinzu kommt, dass die SBB in den letzten Jahren die Preise ihrer Abonnemente kaum erhöht hat.

Die nun vorgenommenen Preiserhöhungen sind daher aus Sicht der SBB gut nachvollziehbar. Dabei muss der SBB auch zugute gehalten werden, dass die Preise für das GA Behinderte, das GA Kind und die Familien-GA nicht steigen.

 

Das Parlament ist gefordert
So verständlich die Motive der SBB und der übrigen Verkehrsbetriebe aber sind, ändert dies nichts daran, dass der öffentliche Verkehr auf 2011 hin teurer wird. Eine einseitige Verteuerung des Bahnfahrens ist aus Sicht des VCS jedoch problematisch. Dass die Pendlerinnen und Pendler ausgerechnet in unserer Epoche des Klimawandels animiert werden, wieder eher das Auto zu benutzen, ist unhaltbar.

Die eidgenössischen Räte stehen deshalb in der Pflicht, diesen unsinnigen Zustand zu beseitigen. Und sie haben es in der Hand, dies zu tun. Mit der längst überfälligen Einführung einer CO2-Abgabe auf Treibstoffen könnten die Politikerinnen und Politiker bei der nun laufenden Revision des CO2-Gesetzes einen Ausgleich schaffen. Erst wenn dies geschieht, befürwortet der VCS die Tariferhöhungen der SBB vorbehaltlos.

 

Aus denselben Gründen steht der VCS auch der vom Departement Leuenberger geplanten «Nutzerabgabe» auf den Bahnbilletten und –abonnements in der Höhe von 6 bis 7 Prozent sehr kritisch gegenüber. Sie soll den Ausbau der Schienenwege mitfinanzieren. Damit würde das Bahnfahren noch teurer, und noch mehr Reisende würden aufs Auto umsteigen. Darüber hinaus hat es sich bewährt, dass der Bau und der Ausbau der Schienenwege bisher mit staatlichen Geldern finanziert worden ist.

 

VCS über Verzicht auf 9-Uhr-GA enttäuscht
Der VCS bedauert es zudem ausserordentlich, dass sein Vorschlag für ein 9-Uhr-GA nicht umgesetzt wird. Er warnt davor, die Züge nun in den Stosszeiten mit einer «Pendlerabgabe» entlasten zu wollen. Eine solche Verteuerung des Bahnfahrens würde zusätzlich zum Umsteigen aufs Auto animieren.

 

 

Stellungnahme von Pro Bahn Schweiz:

Treue Kunden extrem zur Kasse bitten…

 

so das neueste Motto der Bahnen in Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Preiserhöhungen des Verbandes öffentlicher Verkehr. Ausgerechnet treue Kunden – also beispielsweise Inhaber eines 2 Jahre lang gültigen Halbtaxabonnements – müssen künftig fünfzig Franken oder 20 % mehr für ein neues Abonnement bezahlen. Kauft der oder die Kundin ein Halbtaxabonnement für ein Jahr, dann macht es nur noch 10 % aus. Fährt er oder sie noch seltener, beträgt der Aufschlag für ein normales Billet 3,4 %. Mit andern Worten: Je weniger man Bahn fährt, desto besser.

 

Für Pro Bahn Schweiz, die Interessenvertretung der Bahn- Bus- und Trambenützer, ist diese Haltung nicht verständlich. Pro Bahn anerkennt zwar, dass die Preise angepasst werden müssen. dass aber ausgerechnet die treuen Stammkunden überdurchschnittlich belastet werden sollen, ist schlechter Stil. Kommt dazu, dass auch die Tageskarten und die beliebten Tageskarten Gemeinde verteuert werden, ihre Gültigkeit aber verkompliziert und eingeschränkt wird. Die neuen Bestimmungen der Tageskarten sind total misslungen und extrem kundenunfreundlich.

 

Pro Bahn hofft, dass die von den SBB vorgestellten Sicherheitsmassnahmen sowie die geplanten Rollmaterialmodernisierungen und –Investitionen im vorgesehenen Umfang mit den erhöhten Billettkosten auch zeitgerecht realisiert werden und die Kunden wenigstens davon profitieren können.