Das Politikum Trassenpreis – Auslegeordnung und Herausforderungen für die Zukunft

Kaum ein anderes Thema der Schweizer Verkehrspolitik wird so kontrovers diskutiert wie der Trassenpreis. Die aktuelle Ausgabe der LITRA Gelben Serie unterzieht das Schweizer System einer profunden Analyse und leistet einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion. Die Studie zeigt, dass sich der Schweizer Trassenpreis grundsätzlich im europäischen Durchschnitt befindet. Allerdings betont das System das Zuggewicht stark und weist wenige Anreize auf, um umwelt-, kapazitäts-, wie infrastrukturschonendes Verhalten zu fördern.

 

LITRA: Die gelbe Serie Nr. 25

                                                                                                       Foto: Marcel Manhart

 

Jede Zugfahrt verursacht dem Infrastrukturbetreiber Kosten, beispielsweise durch Abnutzung der Schienen, den Betrieb oder den Energiebezug. Der Trassenpreis ist das Entgelt, das ein Verkehrsunternehmen für diese Leistungen zu begleichen hat. Im heutigen System, das im Zuge des freien Bahnnetzzugangs Ende der 90-er Jahre installiert wurde, entspricht der Trassenpreis in etwa einem Sechstel bis Fünftel des Aufwands von Verkehrsunternehmen. Umgekehrt deckt er rund einen Viertel des Aufwands der Infrastrukturbetreiber.

Durch den gestiegenen Kostendruck der Verkehrsunternehmen, insbesondere im Güterverkehr, sowie den grösseren Unterhaltsbedarf der Infrastruktur und die knappen Mittel der öffentlichen Hand, ist um die Weiterentwicklung des Schweizer Trassenpreissystems eine kontroverse Diskussion entbrannt.

Grund genug für die LITRA durch Herrn Dr. Thomas Isenmann, Geschäftsführer
trasse.ch, das Schweizer Trassenpreissystem profund zu analysieren. Der Autor erläutert die Grundlagen und das Funktionieren des Systems und zeigt die vorhandenen Wechselwirkungen auf: Während Verkehrsunternehmen mit tieferen Trassenpreisen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken müssen, reicht umgekehrt der heutige Mindestpreis trotz gesetzlicher Vorgabe nicht aus, die Grenzkosten der Infrastruktur zu decken. Die Broschüre wirft weiter einen Blick über die Landesgrenzen hinaus und unternimmt einen Vergleich mit anderen europäischen Trassenpreissystemen. So zahlt ein Verkehrsunternehmen in der Schweiz, mit Ausnahme von schweren Güterzügen, einen im europäischen Vergleich durchschnittlichen Trassenpreis. In den Faktoren der Trassenpreisbildung fällt hingegen auf, dass in der Schweiz das Zugsgewicht eine dominante Rolle spielt und Anreize für umwelt-, kapazitäts-, wie infrastrukturschonendes Verhalten weitgehend fehlen.

Das BAV beabsichtigt im Rahmen des dritten Teilpakets der Bahnreform 2 das Schweizer Trassenpreissystem einer grundlegenden Reform zu unterziehen. Es hat im April 2010 die Vorkonsultation eröffnet. Man darf gespannt sein, inwiefern die Reform die in der Gelben Serie formulierten Herausforderungen beantworten kann.