DB mit deutlichen Zuwächsen im ersten Halbjahr 2010 und neuen Massahmen zur Qualitätsverbesserung

Die Deutsche Bahn hat im ersten Halbjahr 2010 deutliche Zuwächse verzeichnet. Vor allem das im Vorjahr von der Krise stark betroffene Güterverkehrs- und Logistikgeschäft konnte die weltweit zu beobachtende Konjunkturerholung nutzen. Der Umsatz des DB-Konzerns erhöhte sich im ersten Halbjahr 2010 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um mehr als 1,8 Milliarden Euro auf 16,1 Milliarden Euro – das ist ein Plus von 12,8 Prozent. Das operative Ergebnis (EBIT bereinigt) stieg um 26,1 Prozent auf 846 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahresergebnis. Dazu sagte DB-Vorstandsvorsitzender Dr. Rüdiger Grube während der Halbjahres-Pressekonferenz in Berlin: „Wir sind zurück auf Wachstumskurs. Diese Zuwächse verdanken wir aber nicht nur der anziehenden Konjunktur. Mit den Maßnahmen zur Verbesserung unserer Kostenstrukturen haben alle Führungskräfte und Mitarbeiter wesentlich zu diesen guten Zahlen beigetragen.“

Grube kündigte an, die Bahn werde in den kommenden Jahren ein Bündel von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung auf den Weg bringen. Ein konkretes Beispiel nannte er in Berlin: Mit finanziellen Mitteln aus dem Konjunkturprogramm des Bundes werden bis Ende des Jahres 2011 bundesweit rund 2.800 dynamische Schriftanzeiger montiert. Diese informieren die Reisenden am Bahnsteig optisch über ein elektronisches Laufband und akustisch per Lautsprecher über Abweichungen im Zugverkehr. Im Rahmen der von der DB gestarteten Kunden- und Qualitätsoffensive werden diese Informationssysteme darüber hinaus flächendeckend an Bahnhöfen eingeführt. Dies bedeutet zusätzlich eine Investition in Höhe von 21 Millionen Euro. „Keine Frage, wir müssen besser werden bei Qualität und Service. Im September wird der Vorstand weitere Schritte unserer Kunden- und Qualitätsoffensive vorstellen“, kündigte Grube an.

Im ersten Halbjahr 2010 wurde die Verschuldung um 151 Millionen Euro auf nunmehr 14,9 Milliarden Euro weiter zurückgeführt. Finanzvorstand Dr. Richard Lutz: „Wir waren erneut in der Lage, unsere Investitionen aus eigener Kraft zu finanzieren und Schulden abzubauen. Der DB-Konzern steht damit seit Jahren für finanzwirtschaftliche Stabilität und Leistungsfähigkeit. Und mit dieser Verlässlichkeit schaffen wir auch Handlungsspielraum für künftige Investitionen.“ Die Anzahl der Beschäftigten der Deutschen Bahn AG betrug am 30. Juni 2010 knapp 240.000 und lag damit um knapp 3.000 höher als ein Jahr zuvor.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Dr. Rüdiger Grube während der Halbjahres-Pressekonferenz in Berlin                                  Foto: Deutsche Bahn AG

 

Insgesamt mehr Fahrgäste in Bahnen und Bussen der DB
Gegenüber dem Vorjahreszeitraum erhöhte sich die Zahl der Fahrgäste in den Bahnen und Bussen der Deutschen Bahn um 13,3 Millionen auf 1,36 Milliarden. Im Schienenpersonenverkehr wurde im ersten Halbjahr 2010 mit 954 Millionen ein geringfügiger Rückgang um 0,4 Prozent oder 4 Millionen Reisende verzeichnet. Während der Fernverkehr ein Plus von 1,1 Millionen Reisenden erzielte (plus 1,9 Prozent) und auch bei DB Stadtverkehr 12,7 Millionen zusätzliche Fahrgäste gezählt wurden (plus 3,5 Prozent), meldete DB Regio im Schienenverkehr eine Abnahme um rund 5,9 Millionen Fahrgäste (minus 0,7 Prozent). Hauptgrund dafür sind vor allem in den Vorjahren verlorene Ausschreibungen. Hier zeigt der politisch ausdrücklich gewollte Wettbewerb im Regionalverkehr seine Wirkung auf die Bilanz der Deutschen Bahn. DB-Vorstandschef Grube: „Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie wichtig für uns der Erwerb von Arriva sein wird. Damit können wir uns im Konsolidierungsprozess der europäischen Verkehrsmärkte auch dann erfolgreich behaupten, wenn wir im inländischen Geschäft Marktanteile verlieren.“

Die Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr stieg im ersten Halbjahr 2010 um 2 Prozent auf 38,1 Milliarden Personenkilometer. Im ersten Halbjahr 2010 nutzten 408,7 Millionen Reisende die Busse der Deutschen Bahn, das sind 17 Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum (plus 4,4 Prozent). Die Verkehrsleistung im Busbereich erhöhte sich um 136 Millionen Personenkilometer oder 2,9 Prozent auf 4,8 Milliarden Personenkilometer.

Kräftiger Zuwachs bei Transport und Logistik
Ein signifikantes Plus weist die Bilanz des Güterverkehrs aus. Im ersten Halbjahr erhöhte sich die Menge der beförderten Güter im Schienengüterverkehr um 58 Millionen Tonnen auf 203 Millionen Tonnen. Das bedeutet einen Zuwachs um 40,1 Prozent. Die Verkehrsleistung stieg im gleichen Zeitraum um 8,3 Milliarden Tonnenkilometer auf 52,6 Milliarden, was einer Zunahme von 18,8 Prozent entspricht. Einen deutlichen Aufwärtstrend vermeldete auch der Bereich Spedition und Logistik. Die Zahl der Sendungen im europäischen Landverkehr erhöhte sich auf 39,4 Millionen, ein Plus von 14,6 Prozent. Das Luftfracht-Volumen steigerte sich im ersten Halbjahr um 131,0 Tsd. Tonnen auf 586,8 Tsd. Tonnen. Das ist ein Plus von 28,6 Prozent. Gleichzeitig stieg das Seefrachtvolumen um 150,0 Tsd. TEU auf 800,1 Tsd. TEU, ein Zuwachs von 23,1 Prozent.

Trassennachfrage wieder angestiegen
Zuwächse beim Güterverkehr sorgten für einen Anstieg der Trassennachfrage auf dem Schienennetz. DB Netze Fahrweg verzeichnete dementsprechend im ersten Halbjahr 2010 ein Plus bei der Trassennachfrage um 2,9 Prozent oder 14,3 Millionen Trassenkilometer (Trkm) auf 508,5 Millionen Trkm. Die konzernexternen Bahnen haben ihren Anteil an der Trassennachfrage um zwei Prozentpunkte von 17 auf 19 Prozent weiter ausgebaut.

 

 

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Die Deutsche Bahn AG und die Landesregierung haben heute (27. Juli 2010) in Stuttgart erstmals eine Kostenberechnung für die zwischen Stuttgart und Ulm geplante Neubaustrecke auf der Grundlage der Entwurfsplanungen vorgestellt. "Die einzelnen Planfeststellungsverfahren sind zwischenzeitlich weit fortgeschritten. Die einzelnen Bauabschnitte und Gewerke sind dabei konkretisiert worden, so dass die zu erwartenden Bau- und Planungskosten auf dieser Grundlage präzise kalkuliert werden konnten", erklärten Bahnchef Dr. Rüdiger Grube und Ministerpräsident Stefan Mappus. Nach den neuen Berechnungen beliefen sich die Gesamtkosten der Neubaustrecke auf rund 2,89 Milliarden Euro. In der früheren Kostenschätzung aus dem Jahr 2004 war noch von Gesamtkosten von 2,025 Milliarden Euro für den Neubau des insgesamt rund 60 Kilometer langen Streckenabschnitts ausgegangen worden.

Die Kostensteigerungen von 865 Millionen Euro setzen sich aus Preissteigerungen, die sich seit 2004 ergeben haben, in Höhe von rund 200 Millionen Euro und 665 Millionen Euro Mehrkosten für den Tunnelbau, den Bahnkörper und Erdbau wie beispielsweise Einschnitte, Dämme und Kabeltiefbau, den Bau von Brücken und Stützbauwerken sowie den Bereich Oberbau und Eisenbahntechnik zusammen. Zum letztgenannten zählt unter anderem die moderne Technik zur Zugsteuerung, European Train Control System, das sogenannten ETCS. Der volkswirtschaftliche Nutzen des Bahnprojekts habe sich trotz der Mehrkosten bestätigt.

Nach der im vergangenen Jahr zwischen Deutscher Bahn, Bundesverkehrsministerium und dem Land getroffenen Gemeinsamen Erklärung beteilige sich das Land finanziell an dem Bahnprojekt bis 950 Millionen Euro. Über die Landesbeteiligung sollte die zeitgleiche Realisierung der Neubaustrecke und die geplante Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes sicher gestellt werden. Deutsche Bahn, Bundeverkehrsministerium und Landesregierung seien sich einig, dass in den Verträgen und der Gemeinsamen Erklärung getroffene Übereinkünfte weiterhin die Grundlage für die Realisierung des Bahnprojekts seien.

"Wir werden deshalb das Projekt im vorgesehenen Zeitplan vorantreiben und wollen die neue Bahnstrecke zusammen mit dem neu gestalteten Stuttgarter Hauptbahnhof Stuttgart 21 im Jahr 2019 in Betrieb nehmen", so Bahnchef Grube und Ministerpräsident Mappus. Das Vorhaben der Bahn steigere in Kombination mit der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes die Attraktivität des Schienenverkehrs im Land. Die Fahrzeit von Ulm nach Stuttgart werde sich von derzeit noch 54 Minuten auf künftig 28 Minuten nahezu halbieren. Etwa die Hälfte der Strecke solle künftig in Tunnel oder über Brückenbauwerke geführt werden. Die Anbindung an den Stuttgarter Flughafen werde optimiert. "Das Bahnprojekt verbindet außerdem Städte und Menschen entlang der West-Ost - Magistrale Paris - Bratislava", betonten Bahnchef Grube und Ministerpräsident Mappus.

Jetzt muss es auch die Deutsche Bahn AG zugeben: Die ICE-Neubaustrecke nach Ulm wird teurer als geplant, statt 2 Milliarden soll sie knapp 3 Milliarden Euro kosten, fast 50 % mehr als kalkuliert. "Damit werden unsere Befürchtungen bestätigt, dass Stuttgart 21 in der Kostenfalle steckt", kommentiert Berthold Frieß, Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Baden-Württemberg die heute von Bahnchef Rüdiger Grube präsentierten Zahlen.

Die Projektverantwortlichen könnten nun nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen und so tun, als sei nichts gewesen. "Knapp 3 Milliarden Euro für eine Neubaustrecke, auf der nach der von uns heute vorgestellten sma-Studie maximal zwei ICE-Züge pro Stunde und Richtung verkehren können - da stellt sich verstärkt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit", so Frieß. Auch müssten die Bahn, der Bund und das Land nun erklären, wie die knapp eine Milliarde Euro Mehrkosten gedeckt werden sollen. Die Investitionsmittel für die Bahn seien im Bundeshaushalt gedeckelt. "Ist bei Stuttgart 21 nun mit längeren Bauzeiten zu rechnen, werden andere wichtige Bahnprojekte im Lande nun nicht mehr zeitnah realisiert oder will das Land noch mehr aus der eigenen Kasse finanzieren", fragt Frieß. Für den BUND laute die Konsequenz, auf den Stuttgarter Tiefbahnhof zu verzichten und sich auf eine funktionsfähige und schnelle Neubaustrecke nach Ulm zu konzentrieren.

Nach Ansicht des BUND ist ein Ende der Kostensteigerungen noch nicht absehbar. "Die heute präsentierten Zahlen sind nicht nachvollziehbar und widersprechen den Erfahrungen anderer konkreter Projekte der Deutschen Bahn", so Frieß: "Bei der geologisch vergleichbaren Neubaustrecke Nürnberg - Ingolstadt kostete jeder Tunnelkubikmeter etwa 840 Euro. Allein für die von der DB veranschlagten 4,946 Millionen Kubikmeter Tunnel bei der Neubaustrecke nach Ulm müssten demnach über 4 Milliarden Euro an Baukosten anfallen." Die Projektgegner werden die Kostenberechnung der Bahn auf den Prüfstand stellen und im Herbst eine neue Kalkulation des renommierten Ingenieurbüros Vieregg&Rössler veröffentlichen.

"Es ist ein Skandal: Seit Jahren üben sich Deutsche Bahn und Landesregierung im Vertuschen und Verschweigen. Scheibchenweise bereiten die Projektverantwortlichen die Bevölkerung auf immer höhere Kosten und unliebsame Wahrheiten vor. "Wir fordern ein Moratorium für Stuttgart 21 und die umgehende Einberufung eines Baukostengipfels, bei dem alle Risiken offengelegt und bewertet werden müssen - und zwar bevor durch weitere Baumaßnahmen Tatsachen geschaffen werden und die Kostenfalle vollends zuschnappt", fordert Frieß. Das seien die Verantwortlichen der Bevölkerung schuldig. "Ansonsten wird die Akzeptanz für das Prestigeprojekt noch weiter sinken und den Widerstand stärken - bis hin zur nächsten Landtagswahl", prognostiziert der BUND-Landesgeschäftsführer.