Ein Zug, der deinen Namen trägt .....

Jeder zweite ÖBB-Fernzug fährt mit gesponsertem Namen –

Die Werbekunden stammen vor allem aus der Tourismus-Branche

 

 - Von "Urlaub am Bauernhof"  bis  zu  "Karriere beim Heer"
 - Nicht gezahlt wird jedoch für Namen wie "Wiener Walzer"

 

Von Sophia Freynschlag - Wiener Zeitung

 

"Ihr Zug zur Therme Wien", "Die österreichischen Rechtsanwälte", "Aqua Dome – Tirol Therme Längenfeld" und "Wienerin – das Frauenmagazin" – mit diesen Namen werden Züge ab Dezember 2010 am Bahnhof durchgesagt. Denn die ÖBB vermarktet ihre Zugnamen seit 2006 selbst: Jeweils mit dem Fahrplanwechsel können Firmen und Institutionen für mindestens ein Jahr Personenverkehrszüge für eine bestimmte Strecke buchen und auf einen bestimmten Namen taufen. Nicht erlaubt sind anstößige Bezeichnungen sowie Namen von lebenden Personen und politischen Parteien.

Der ÖBB EC "Stadt Innsbruck" bei der Abfahrt in Wien Westbf       Foto: Marcel Manhart

Der vermietete  Zugname  muss  bei  jeder  Durchsage  am  Bahnhof  erwähnt  werden

 

"Die Zugpatronanz wird gut nachfragt", sagt ÖBB-Pressesprecherin Bettina Gusenbauer. Im Fahrplan 2009/10 hat jeder zweite Fernverkehrszug einen gesponserten Namen, insgesamt sind 140 Fernzüge gebucht. Im Regionalverkehr sei die Nachfrage geringer – 100 Züge tragen einen gebuchten Namen.

Miete ab 5500 Euro
Im Regionalverkehr kostet die Miete pro Zugname und Jahr zwischen 5500 und 7500 Euro, im Fernverkehr sind Werbewillige mit 5940 bis 16.880 Euro dabei, je nach Strecke und Fahrgastfrequenz. Bei "sozialem Interesse" ist die Miete günstiger, teilweise gibt es auch Kooperationen. Denn auch Züge von Organisationen und NGOs wie "Licht für die Welt", "Telefon Seelsorge Ruf 142" oder "Wiener Tafel" verkehren auf hochfrequentierten Strecken. Wie viel durch die Zugpatronanzen eingenommen wird, geben die ÖBB nicht bekannt.

Als Gegenleistung wird bei jeder Lautsprecheransage am Bahnhof der vollständige Zugname durchgesagt. "Bei allein 43.000 Menschen pro Tag am Wiener Westbahnhof bringt das sehr viele Kundenkontakte", sagt Gusenbauer. Zudem wird der Name bei der Fahrplanabfrage im Internet, auf den Anzeigetafeln am Bahnhof und in der Reisebegleiter-Broschüre im Zug angeführt.

Mehr als die Hälfte der Werbekunden kommt aus dem Tourismus, die Bahnreisende auf ihr Angebot aufmerksam machen wollen: Von Hotels wie das Hotel Ibis über Städte wie "Kufstein – die Perle Tirols" und ab Dezember neu "Sonnenstadt Lienz" bis hin zu Verbänden und Regionen wie die "Erlebnisregion Tennengau" oder der "Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang". Und der Verein "Urlaub am Bauernhof" wirbt mit dem gleichnamigen Eurocity zwischen Wien und Bregenz.

Daneben buchen auch Dienstleister kräftig – etwa "A1 BlackBerry" und "La Redoute – Modetrends" oder die "Easybank". Die Österreichische Computer Gesellschaft wirbt für "Europäischer Computer Führerschein" zwischen Bregenz und Wien.

Aber auch Bildungsinstitutionen wie die Paracelsus Universität Salzburg oder die Fachhochschule St. Pölten haben Züge getauft. Und hinter dem Eurocity "Industrieland Österreich" steckt die Industriellenvereinigung, die mit der Patronanz symbolisch die Mobilität aktiv fördern will.

Ministerien werben kräftig
Für eine "Karriere beim Heer" wirbt das Verteidigungsministerium am Zug.

Das Forschungsministerium hat den Namen "auslandssemester-info.at" aktuell für 16.537,80 Euro gebucht, wie aus einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervorgeht. Dieser Zug wird auch 2011 fahren. Für die "Neue Mittelschule" wirbt das Unterrichtsministerium auf der Schiene, was 16.055,50 Euro kostet. Auch die Zugpatronanz für "Politische Bildung" hat das Ministerium übernommen.

Das Parlament wirbt seit zwei Jahren mit dem Zug "Erlebnis Demokratie", wofür im laufenden Fahrplanjahr 12.810 Euro ausgegeben wurden. 2010/11 gebe es aber keine weitere Patronanz, sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

Nicht kommerziell vermarktet werden hingegen Zugnamen wie der "Wiener Walzer" zwischen Budapest und Zürich, der Nachtzug "Hans Albers" zwischen Hamburg-Altona und Wien sowie der Eurocity "Gustav Klimt", der frühmorgens von Graz nach Prag aufbricht. Auf diesen überregionalen Strecken dienen die Namen als "Botschafter", die oft seit Jahrzehnten eine Strecke bezeichnen, heißt es von den ÖBB.

Nicht gezahlt wird auch für die Namen der Wieselzüge der NÖ Verkehrsorganisationsgesellschaft (NÖVOG): So bringen Ötscher- und Erlaufwiesel etwa Pendler morgens von Kienberg-Gaming über Pöchlarn nach St. Pölten. "Mit dem Namen soll die Verbindung hervorgehoben werden. Der Begriff Wiesel kennzeichnet einen besonders schnellen Zug", so die Erklärung der ÖBB.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In den Zügen wird

jeweils ein Faltblatt

"Ihr Reisebegleiter" mit dem Fahrplan und dem entsprechenden Namen des Zuges sowie den wichtigsten Anschlusszügen aufgelegt.