Neue Rheinbrücke bei Kehl für schnelle TGV eröffnet

Feierlich eingeweiht - TGV von München und Stuttgart können seit Freitag 10. Dezember 2010 über die neue mit 160 km/h befahrbare Rheinbrücke Kehl rollen. Das 23 Mio. Euro teure Bauwerk stellt auch den Abschluss der Bauarbeiten zur Fertigstellung der ersten Phase des TGV-Est dar.

 

DMM - Der Mobilitätsmanager 

Die  neue  Bahnbrücke  über  den  Rhein zwiswchen Straßburg und Kehl ist ein Teil der Hochgeschwindigkeitstrasse Paris-Stuttgart.          Quelle: DMM Der Mobilitätsmanager

 

Die 3.000 t schwere neue Fachwerkbrücke aus Stahl spannt sich auf einer Länge von 238 m und in einer Höhe von 12 m über den Rhein. An der gross gefeierten Eröffnung des Überführungsbauwerks nahmen u.a. DB-Konzernchef Jürgen Grube teil, Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der EU-Koordinator für das transeuropäische Verkehrsnetz Péter Balász, der Präsident des französischen Bahninfrastrukturunternehmens RFF Hubert du Mesnil, SNCF-Präsident Gulliaume Pépy sowie Heinz Fenrich, Oberbürgermeister von Karlsruhe und Vorsitzender der Initiative „Magistrale für Europa“ und Roland Ries, Oberbürgermeister von Strasbourg und Präsident der Association TGV Est-Européen.  

Der Bau der neuen Brücke – sie ist gewissermaßen der französische Endpunkt der Schnellfajhrtsrecke Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland (LGV POS) – ist von hohem Symbolwert für die Realisierung der transeuropäischen Hochgeschwindigkeits-Magistrale zwischen Paris und Budapest. Auch für die französischen Städte Reims, Nancy, Metz und Strasbourg, die deutschen Städte Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München, die österreichischen Städte Salzburg, St Pölten und Wien, die slowakische Hauptstadt Bratislava sowie die beiden ungarischen Städte Györ und Budapest ist die neue Brücke ein wesentliches Element zum Ausbau dieser West-Ost-Bahnachse.

Fenrich und Ries erinnerten in ihren Grußworten vor allem daran, dass besonders in Deutschland zahlreiche Projekte im Zuge der Magistrale weiterhin in der Schwebe seien. Dies treffe vor allem auf die beiden in unmittelbarem Zusammenhang mit der neuen Brücke stehenden Projekte „Rastatter Tunnel“ und „Kehl-Appenweier“ zu. Fenrich bezeichnete diese Situation als umso bedauerlicher, als mit dem Abschnitt Kehl-Appenweier und dem Rastatter Tunnel zwei Engpässe fortbestünden, die sich sowohl auf die zweite Phase des TGV-Est als auch auf die bevorstehende Inbetriebnahme des TGV Rhin-Rhône auswirkten.

 

Der vierte Brückenschlag an gleicher Stelle (die erste Brücke wurde 1881 errichtet, die zweite (Behelfsbrücke) nach 1945, die dritte 1956 und 2010 nun die vierte) beseitigt ein Nadelöhr. Denn dummerweise war die dritte Brücke entgegen ihren Vorgängerinnen nur noch eingleisig und zuletzt nur noch für Tempo 70 km/h befahrbar. Zum Glück wurde die Entscheidung, das Bauwerk von 1956 für den TGV-Verkehr zu ertüchtigen und um ein zweites Gleis zu erweitern, zugunsten eines vollständigen Neubaus verworfen. Davon profitiert der Hochgeschwindigkeitsverkehr auf der Achse-Stuttgart-Paris. Seit 2007 verkehren täglich vier TGV-POS-Zugpaare.

Das neue Bauwerk kommt mit einem einzigen Flusspfeiler aus. Der Zusammenbau der neuen Brücke erfolgte seit März 2008 auf dem französischen Rheinufer. Die Bauteile wurden größtenteils per Lkw (!) aus Bayern angeliefert. Über Behelfspfeiler wurde die neue Brücke unmittelbar nördlich der alten sukzessiven in Richtung deutsches Rheinufer vorgeschoben, das im Oktober 2009 erreicht wurde. Im März 2010 wurde das Bauwerk provisorisch und zunächst eingleisig an das Schienennetz von DB Netz angeschlossen und die Zufahrten zur alten Brücke „abgeklemmt“. Danach begann der Abbau der 1956er Brücke und die Errichtung des neuen Strompfeilers.

Als letzte Maßnahme erfolgte im September 2010 die Verschiebung der neuen Brücke von ihren provisorischen Pfeilern in die künftige Endlage und der Abbau der alten Pfeiler. Während dieser Zeit war der gesamte Zugverkehr zwischen Kehl und Straßburg vollkommen eingestellt. Die TGV fuhren in dieser Zeit über Mannheim und Saarbrücken. Seinerseit entstanden Bedienungslücken im Fernverkehr von bis zu zwei Stunden.

In Verbindung mit der Inbetriebnahme der neuen Brücke erfolgt nun auch der Umbau des Bahnhofs Kehl für Durchfahrgeschwindigkeiten von 160 km/h.

 

13 km weiter östlich soll die „Appenweiter Kurve“ die in West-Ost-Richtung verlaufende Strecke aus Straßburg in einem eingleisigen 90°-Bogen an die in Süd-Nord-Richtung verlaufende Oberrheinstrecke anschließen, auf neuer großzügigerer Trasse und doppelgleisig. Dann ist die Strecke Paris-Straßburg-Karlsruhe-Stuttgart mit Ausnahme der Bahnhofsknoten Karlsruhe und Stuttgart durchgehend zweigleisig und mit mindestens 160 km/h befahrbar, in Frankreich durchgehend mit Tempo 320 km/h.

In Verbindung mit der neuen Vogesenquerung, die schon in zweieinhalb Jahren fertiggestellt sein soll, wird die Reisezeit von Stuttgart nach Paris auf knapp 3 Stunden sinken.

Auf der Brücke ist eine so genannte Feste Fahrbahn bei einem Gleisabstand von 4,0 m vorhanden. Als lichte Höhe über dem höchsten schiffbaren Wasserstand werden mindestens 7,0 m eingehalten. Der Talfahrt steht eine Schifffahrtsöffnung mit einer lichten Breite von 92 m zur Verfügung stehen, bei der Bergfahrt sind es 60 m. Um Störungen der Radarschifffahrt durch Scheinziele zu vermeiden, sind die Fachwerkdiagonalen um 5° schräg nach innen gestellt.