Umbauarbeiten an den SBB-Wagen des Typs Bpm 51 werden wegen Asbest unterbrochen

Bei den Umbauarbeiten an den Reisezugwagen des Typs Bpm 51 im Industriewerk Bellinzona wurden kleinflächige, asbesthaltige Anstriche festgestellt. Die Arbeiten wurden sofort unterbrochen. Spezialisten der Suva und des bahnärztlichen Dienstes klären vor Ort ab, wann und wie die Arbeiten wieder aufgenommen werden können. Für Kundinnen und Kunden bestand und besteht keine Gefährdung, weil die kleinen, asbesthaltigen Anstriche gebunden und nur im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten zugänglich sind.

Die   Bpm 51   sind  meist  als  Verstärkungswagen  im  Einsatz,  so  wie  hier  im  Bild die  ersten  beiden  Wagen  des  Zuges                                         Foto: Marcel Manhart

 

Im Februar 2010 hat der SBB Verwaltungsrat entschieden, 180 einstöckige Reisezugwagen 2.Klasse des Typs Bpm 51 aufzuwerten und ursprünglich auch zu klimatisieren.

 

Im März 2011 hat dann eine Machbarkeitsstudie gezeigt, dass die Klimatisierung der durchschnittlich 35-jährigen Fahrzeuge mit hohen Kosten und Risiken verbunden ist.

Mit Blick auf das hohe Alter und die beschränkte Einsatzdauer der Fahrzeuge wäre eine Klimatisierung deshalb unverhältnismässig.

 

Die Bpm 51 werden benötigt, um den Fahrgästen bis zur vollständigen Inbetriebnahme des neu bestellten Rollmaterials genügend Sitzplätze in komfortablen Wagen zur Verfügung stellen zu können. Die Arbeiten umfassen nun die Aufarbeitung der Drehgestelle, eine neue Notbremsanforderung, die Automatisierung der Einstiegstüren inklusive seitenselektiver Öffnung, neue Sitzpolsterungen und Rostreparaturen am Wagenkasten. In den letzten Monaten wurden in den Industriewerken Olten und Bellinzona bereits 50 Bpm 51-Fahrzeuge umgebaut. Die Bpm 51 dienen als Verstärkungswagen in der Hauptverkehrszeit und kommen zudem bei Extrazügen für Grossanlässe zum Einsatz.

Bis zum Jahr 2010 wurde das gesamte SBB Rollmaterial systematisch asbestsaniert oder gezielt verschrottet. Trotzdem wurde am Freitag, 17. Februar 2012, an einem Fahrzeug des Typs Bpm 51 in Bellinzona in der Beschichtung im Bereich der Türen und beim Dach im Eingangsbereich ein kleinflächiger, asbesthaltiger Anstrich gefunden. Obwohl es sich nur um eine sehr geringe und gebundene Menge Asbest enthält, wurden die Arbeiten an den Fahrzeugen der gleichen Serie unverzüglich gestoppt.

Auch im Industriewerk Olten wurden die Umbauarbeiten an Bpm 51-Wagen vorübergehend unterbrochen. Spezialisten der Suva und des bahnärztlichen Dienstes der SBB klären aktuell ab, ob die rund 16 betroffenen Mitarbeitenden einer gesundheitsgefährdenden Asbestbelastung ausgesetzt waren. Bis die Verantwortlichen von Suva und SBB ihre Abklärungen abgeschlossen haben und die SBB über das weitere Vorgehen entschieden hat, bleiben die Arbeiten an den Bpm 51 ausgesetzt. Die asbesthaltigen Flächen sind sehr klein und nur im Rahmen der Instandhaltung oder einer Sanierung zugänglich. Eine allfällige Freisetzung von Asbestfasern aus der kleinen, gebundenen Menge ist nur bei einer mechanischen Bearbeitung – etwa durch schleifen oder bohren – möglich. Für Kundinnen und Kunden bestand und besteht zu keiner Zeit eine Gefährdung. Das Bundesamt für Verkehr wurde über den aktuellen Sachverhalt informiert.

 

SEV fordert lebenslange Absicherung der Betroffenen

Mit Empörung hat der SEV am 20. Februar 2012 erfahren, dass Mitarbeitende der Industriewerke Olten und Bellinzona bei Revisionsarbeiten am Wagentyp Bpm 51 Asbest ausgesetzt wurden. Grund dafür sind fehlerhafte Abklärungen bei früheren Arbeiten. Der SEV verlangt, dass lückenlos abgeklärt wird, wer alles mit dem Asbest in Kontakt kommen konnte, und die lebenslange, unverjährbare Betreuung der Betroffenen.

Asbest ist eine äusserst heimtückischer Stoff, dessen schädliche Auswirkungen bei Menschen häufig erst stark verzögert sichtbar werden. Dies ist zu berücksichtigen beim Verarbeiten des nun aufgetauchten Asbestfalls bei der SBB.

«Es ist empörend, dass das Personal aufgrund fehlerhafter Abklärungen in Lebensgefahr gebracht wurde», betont SEV-Vizepräsident Manuel Avallone. Er fordert, dass nun lückenlos aufgezeigt werden muss, welche Bereiche in welchen Industriewerken während des gesamten Lebenszyklus der betroffenen Wagen mit den Schadstoffen in Kontakt gekommen sein können. «Unabhängig von einer allfälligen juristischen Verjährung müssen alle Betroffenen Anrecht auf lebenslange Betreuung haben», betont Avallone weiter.

Es ist davon auszugehen, dass auch bei früheren Revisionsarbeiten ohne die nötigen Sicherheitsvorkehrungen gearbeitet wurde und deshalb auch früher schon Mitarbeitende der SBB mit Asbest in Kontakt kamen. Die Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht der SBB muss deshalb auch jene Mitarbeitenden betreffen, die das Unternehmen in der Zwischenzeit verlassen haben oder pensioniert worden sind.

Als selbstverständlich erachtet es der SEV, dass an den Arbeitsorten der Revisionen alles unternommen wird, um die Asbestbelastungen in den Räumen zu beseitigen. Für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss eine dauerhafte Betreuung garantiert sein.

Im übrigen fordert der SEV alle Schweizer Bahnen auf, erneut zu überprüfen, ob bestehende Asbestabklärungen noch gültig sind. Er richtet das Augenmerk besonders auch auf Ersatzmaterial aus der Bauzeit der jeweiligen Fahrzeuge, das möglicherweise gelagert, aber nie auf Asbest überprüft wurde.

 

 

Bericht SF Tagesschau vom 20. Februar 2012