Bundesamt für Verkehr: Investitionen in ausländische Bahn-Ausbauten – zum Nutzen der Schweiz

Der Bund leistet in verschiedenen Fällen finanzielle Beiträge für den Ausbau von Bahnstrecken und Güterverkehrs-Terminals im Ausland. Er tut dies, wenn solche Ausbauten im Interesse der Schweiz sind und nur mit schweizerischer Unterstützung rasch realisiert werden. Deshalb will der Bund auch die Massnahmen finanzieren, welche nötig sind, um den Vier-Meter-Korridor für den Güterverkehr auf der Gotthardachse bis nach Mailand und Gallarate fortzuführen.

Die  Reaktivierung  der  Strecke  Delle - Belfort  wird  mit  rund  20  Millionen  Franken unterstützt                                                                                        Foto: Marcel Manhart

 

 

Dass die Schweiz nicht nur Bahnausbauten auf eigenem Territorium, sondern auch Ausbauten im Ausland mitfinanziert, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Indes ist die Praxis, dass der Bund im Interesse der Schweiz ausländische Bahninfrastrukturen mitfinanziert, schon drei Jahrzehnte alt: Bereits in den 1980er Jahren leistete die Schweiz einen Beitrag von 60 Millionen Franken für den Bau des Monte-Olimpino-II-Bahntunnels, dank welcher der Güterverkehr die norditalienische Stadt Como umfahren kann. Der Tunnel ging 1990 in Betrieb und leistete einen wichtigen Beitrag dazu, dass der Nord-Süd-Güterverkehr vermehrt auf der Schiene abgewickelt werden konnte.

 

Seither hat der Bund im Interesse des Standorts Schweiz in weitere Bahnausbauten im Ausland investiert. So beschlossen National- und Ständerat im Jahr 2005 im Rahmen des Programmes Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGV-Anschluss) finanzielle Beiträge für verschiedene Projekte in Frankreich und Deutschland. Dies, um die Reisezeiten zwischen wichtigen Städten in den beiden Nachbarländern und der Schweiz zu verkürzen und um damit den Wirtschafts- und Tourismusstandort Schweiz zu stärken. Unter anderem wurden folgende Beiträge beschlossen:

 

- Für den Bau der neuen TGV-Schnellfahrstrecke Rhin-Rhône beschloss das Parlament einen Beitrag von 100 Millionen Franken. Mit der neuen Strecke konnte die Fahrzeit von Basel und Zürich nach Paris per Ende 2011 um eine halbe Stunde verkürzt werden.

 

- Weiter beteiligte sich die Schweiz mit 110 Millionen Euro am Bau der Strecke Bellegarde-Bourg-en-Bresse. Die Fahrzeit zwischen Genf und Paris verkürzte sich dadurch auf gut drei Stunden.  Weitere 32 Millionen wurden im französischen Jura investiert, um die Verbindungen zwischen Paris und Lausanne sowie Bern zu verbessern; und zur Anbindung der Nordwestschweiz wird die Reaktivierung der Strecke Delle - Belfort mit rund 20 Millionen Franken unterstützt.

 

- In Deutschland beteiligt sich die Schweiz mit einer Vorfinanzierung von 50 Millionen Euro an den Ausbauten zwischen Lindau und Geltendorf. Mit dem Streckenausbau und dem Einsatz von elektrischen Zügen wird sich die Fahrzeit zwischen Zürich und München ab 2019/2020 um rund 45 Minuten reduzieren.

 

- Im Korridor Zürich - Stuttgart werden rund 75 der insgesamt vorgesehenen Investitionen von 113 Millionen Franken auf deutschem Territorium verbaut. Dies auch deshalb, weil die SBB-Strecke teilweise über deutsches Territorium führt. Der Doppelspurausbau im deutschen Jestetten ermöglichte es, auf den letzten Fahrplanwechsel im Fernverkehr den Halbstundentakt zwischen Zürich und Schaffhausen einzuführen. Umgekehrt finanziert Deutschland Investitionen auf Streckenabschnitten der Deutschen Bahn (DB), welche über Schweizer Territorium führen. Derzeit befinden sich entsprechende DB-Projekte im Umfang von etwa 80 Millionen Euro insbesondere im Klettgau und im Raum Basel in der Umsetzung.

 

- Ebenfalls zur Diskussion steht der Bahnanschluss des Flughafens Basel-Mulhouse. Das Parlament hat hierfür eine erste Tranche von 25 Millionen Franken gesprochen. Das Projekt kann nur realisiert werden, wenn Frankreich und Deutschland sich beteiligen und der Bund und die Kantone weitere Mittel sprechen.

 

Ausserhalb des Programms HGV-Anschluss, aber mit Nutzen unter anderem für die HGV-Strecke Zürich - München, beteiligt sich die Schweiz am Bau der neuen Brücke über den Rhein von St. Margrethen ins österreichische Lustenau. Die Brücke soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. An die Kosten von 90 Millionen Euro gewährt die Schweiz ein zinsloses, bedingt rückzahlbares Darlehen von 20 Millionen Franken.

 

 

Güterverkehr und S-Bahn

 

Weitere Entscheide über die Mitfinanzierung von Bahnausbauten in Nachbarländern stehen bevor, insbesondere im Zusammenhang mit dem geplanten Vier-Meter-Schienenkorridor für den Güterverkehr auf der Gotthardachse. Dieser kann seinen vollen Nutzen nur entfalten, wenn er auf italienischer Seite fortgesetzt wird. Sattelauflieger können dann nicht nur von Grenze zu Grenze, sondern bis in die Wirtschaftszentren Norditaliens auf die Bahn verladen werden. Die Schweiz ist bereit, die nötigen Profilanpassungen auf den Strecken Chiasso -Mailand und Ranzo - Gallarate vollständig zu finanzieren, da ein rascher Ausbau im Interesse der Schweiz liegt, den Güterverkehr durch die Alpen von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Diese Finanzierung im Umfang von rund 230 Millionen Franken muss noch von Bundesrat und Parlament gutgeheissen werden. Im Zusammenhang mit dem Vier-Meter-Korridor erwägt der Bund auch, auf der Basis der bestehenden Gesetzesgrundlagen den Bau eines weiteren Terminals im Raum Mailand - sowie allfälliger weiterer Terminals in Norditalien - mitzufinanzieren. Im Interesse der Verlagerungspolitik beteiligt sich die Eidgenossenschaft schon seit längerem am Bau von Terminals für den Umlad Strasse-Schiene im Ausland. So leistete der Bund Zahlungen für Terminals in Domodossola, Melzo, Busto Arsizio und Gallarate (alle Italien), Antwerpen (Belgien) sowie Singen und Duisburg (Deutschland).

 

Weiter plant der Bund derzeit auch, im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Genfer S-Bahn CEVA (Cornavin - Eaux-Vives - Annemasse) im Bahnhof Annemasse für 15 Millionen Euro ein Gleis mit Schweizer Strom auszurüsten. Damit kann erreicht werden, dass alle schweizerische Züge bis nach Annemasse durchfahren können. Der Entscheid des Bundesrates und des Parlaments steht noch aus.

Schliesslich ist auch eine allfällige finanzielle Beteiligung der Schweiz an der Elektrifizierung der Hochrhein-Strecke (Basel - Schaffhausen) ein Thema. Die Region erwartet einen massgeblichen Beitrag des Bundes. Hierzu gibt es noch keine Entscheide. Das BAV klärt derzeit ab, welchen Nutzen die Elektrifizierung für die Schweiz bringen würde.

 

Schon seit den Gründerzeiten der Eisenbahn gibt es schweizerische Bahnstrecken, die durch das Ausland führen oder im Ausland enden - wie auch den umgekehrten Fall von ausländischen Bahnlinien auf Schweizer Territorium. Die erste Bahn auf Schweizer Boden war - noch vor der "Spanisch Brötli Bahn" (Zürich -  Baden, 1847) - ausländischer Herkunft: die Elsässer Bahn, die 1844 von Strassburg aus bis in die Schweiz hinein fuhr. Weitere Beispiele von ausländischen Bahnstrecken in der Schweiz sind die Hochrheinbahn durch den Schaffhausischen Klettgau, die deutsche Strecke bis zum Badischen Bahnhof in Basel (beide DB) oder die französische Strecke von Annemasse nach Genève Eaux Vives (SNCF; Die Strecke wird künftig ein Teil von schweizerisch-französischen CEVA sein). Umgekehrt enden Schweizer Linien in Konstanz (SBB) oder in Tirano (RhB). Und von den 20 Kilometern der 1906 und 1922 eröffneten beiden Röhren des Simplon-Tunnels der SBB liegt jeweils rund die Hälfte in Italien.