Stadler Rail: Erfolge in schwierigem Umfeld

Die EU-Schuldenkrise und der starke Schweizer Franken prägten für Stadler Rail auch das vergangene Jahr. Dank des hohen Auftragsbestandes aus den Jahren 2008 – 2010 stieg der Umsatz 2012 auf CHF 2,4 Mrd. und die Mitarbeiterzahl ist mit rund 5’000 um 500 höher als vor einem Jahr. Der Bestellungseingang betrug 2012 nur CHF 720 Mio. und lag damit deutlich unter dem Wert der letzten Jahre. Viele internationale Ausschreibungen wurden abgesagt oder verschoben.


Stadler Rail ist deutlich besser ins 2013 gestartet. Der aktuelle Auftragseingang liegt bei rund CHF 1,5 Mrd.. Die Entspannung an der Währungsfront wie auch eine Beruhigung in der Schuldenkrise haben zu diesem verbesserten Start beigetragen. Trotzdem ist die Auslastung der Schweizer Standorte, speziell Bussnang, 2015/16 noch nicht gesichert.

 

Jahresmedienkonferenz der Stadler Rail Group in Bussnang          Foto: Marcel Manhart

 

 

Erfolgreicher Start für neue Flotten

 
Auch im vergangenen Jahr ist es Stadler erneut gelungen, verschiedene neuentwickelte Züge termingerecht und in hoher Qualität auszuliefern. Damit unterstreicht das Unternehmen seinen Anspruch auf eine weltweite Spitzenposition in den Bereichen Pünktlichkeit, Fahrzeug-Zuverlässigkeit und Innovation. Wichtige neue Flotten sind im vergangenen Jahr erfolgreich gestartet:

  • Die BLS hat seit letztem September ihre ersten 11 von insgesamt 28 Doppelstockzügen des Typs KISS für die S-Bahn Bern in Betrieb genommen.
  • Für Estland hat Stadler die ersten Diesel-FLIRT ausgeliefert. Insgesamt werden 20 dieser Züge für den Interregio-Verkehr zwischen den verschiedenen Städten des Landes gebaut. Zusätzlich liefert Stadler 18 elektrische Kompositionen nach Estland.
  • Auf der Brüniglinie der Zentralbahn sind die neuen Interregio-Triebzüge erfolgreich zwischen Luzern und Interlaken unterwegs. Der Auftrag umfasste vier 7-teilige und sechs 3-teilige Kompositionen.
  • Die stärkste Zahnradlok der Welt ist von der brasilianischen Güterbahn MRS in Betrieb genommen worden. Das 121 Tonnen schwere Kraftpaket kann eine Anhängelast von 375 Tonnen auf den 104 Promille-Rampen zwischen São Paulo und Santos befördern, in Doppeltraktion gar 750 Tonnen. Insgesamt sieben dieser Mega-Loks wurden gebaut.

 

Eine grosse Zahl weiterer Züge und Trams ist 2012 erfolgreich in Betrieb gegangen: Alleine aus dem grössten Werk in Bussnang sind über 130 Züge in mehr als 10 verschiedene Länder gerollt, weitere 59 (hauptsächlich Doppelstocktriebzüge) verliessen Stadler Altenrhein und fast 100 wurden von Stadler Pankow in Betrieb gesetzt. Weiterhin sehr erfolgreich verläuft die Auslieferung der 50 + 16 FLIRT für die Norwegische Staatsbahn NSB: Seit 2012 wurde bereits für 33 Züge das sogenannte „final takeover“ durchgeführt. Dieses wird von der NSB vorgenommen, nachdem der jeweilige Zug mehrere Monate im Fahrgastbetrieb getestet worden ist. Dieses Ziel hat Stadler bei allen Fahrzeugen pünktlich erreicht.

 

 

Hartes wirtschaftspolitisches Umfeld

 
Seit mehreren Jahrzehnten gehört die Schweiz traditionell zu den teuersten Produktionsstandorten der Welt. Die Anzahl der Ausschreibungen und Vergaben in den klassischen westeuropäischen Märkten von Stadler wurde aufgrund der Schuldenkrise stark reduziert. Der Schweizer Franken als sicherer Hafen wurde massiv aufgewertet, was im Export auf einen Schlag zu einer Preissteigerung von bis zu 30% geführt hat.

Mit einem eingeleiteten Massnahmenpaket konnte sich Stadler Rail in diesem schwierigen wirtschaftspolitischen Umfeld recht gut behaupten. Das Massnahmenpaket umfasste bisher folgende Bereiche:

  • Kostensenkungsprogramm
  • Einkaufsverlagerung in den Euro-Raum
  • Modularisierung der Fahrzeugkonzepte
  • Innovation
  • Verlagerung von Aufträgen in die ausländischen Tochtergesellschaften

Dennoch haben die erschwerten Rahmenbedingungen das Unternehmen 2012 rund zwei Prozent der konsolidierten EBIT-Marge gekostet.

 

Vorstoss in neue Marktsegmente

 
Ein wesentlicher strategischer Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbssituation ist der Vorstoss in neue Markt-Segmente:

  • Erstmals ist es Stadler Rail 2012 gelungen, einen Auftrag für U-Bahn-Züge zu gewinnen. Stadler Pankow erhielt den Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe BVG zum Bau von 2 Vorserienzügen mit Option auf weitere 34 Züge für die Berliner U-Bahn.
  • Auf der Basis der sehr erfolgreichen 200 km/h schnellen Züge für die Norwegische Staatsbahn NSBund die österreichische Westbahn hat Stadler einen Hochgeschwindigkeitszug für Tempo 250 km/hentwickelt. Dieser wurde im Dezember 2012 den SBB im Rahmen der Ausschreibung neuer Züge für die Neat-Achse Frankfurt – / Zürich – Mailand angeboten. Der Vergabeentscheid wird noch in diesem Jahr erwartet.

 

Erschliessung neuer Märkte

 
Eine weitere strategische Stossrichtung ist die Erschliessung neuer Märkte: Während die Ausgangslage in Westeuropa schwierig ist, sieht Stadler vor allem in Zentral- und Osteuropa ein Wachstumspotential, namentlich in den GUS-Staaten. Bei diesen handelt es sich um traditionelle Eisenbahn-Länder. Die Flotten sind veraltet. Dank reicher Bodenschätze haben diese Staaten keine finanziellen Probleme. Ein Beispiel für das Potential ist der Auftrag für die Russische Aeroexpress mit einem Volumen von EUR 350 Mio., der im Februar 2013 eingegangen ist. Von Verkaufserfolgen in den neuen Märkten profitieren auch die Schweizer Standorte von Stadler Rail und verschiedene Schweizer Zulieferbetriebe, obwohl bis zur Hälfte der Wertschöpfung in den lokalen Stadler-Werken anfällt.

 

Zu den Märkten mit gewissen Perspektiven zählt auch der arabische Raum. Hier besteht vor allem im Bereich Mass Transit ein Potential. Mit der Referenz des Auftrages aus Berlin beteiligt sich Stadler insbesondere an Metro-Ausschreibungen.

 

 

Erfolgreicher Start in Linz

 
Ende 2011 wurde das moderne Unterhaltswerk in Linz in Betrieb genommen. Hier wird der gesamte Unterhalt der Westbahn-Flotte mit sieben KISS ausgeführt. Dafür steht jeweils über Nacht ein Wartungsfenster von 6 – 8 Stunden zur Verfügung. Im ersten Betriebsjahr ist es trotz dieser anspruchsvollen Bedingungen gelungen, eine Fahrzeugverfügbarkeit von 99,7 % zu erreichen – und dies bei einer Laufleistung von über 3 Mio. Kilometern. Es ist das erste mal in Europa, dass eine Linie ohne ein einziges Reservefahrzeug erfolgreich betrieben wird.

 

 

Zukunftsaussichten

 
Neben der Ausschreibung der SBB laufen weitere wichtige Ausschreibungen sowohl im In- wie im Ausland. So hat Stadler beispielsweise den Verkehrsbetrieben Zürich VBZ eine Offerte für einen grösseren Teilersatz der Tram-Flotte abgegebenen. Auch in Aserbaidschan, in Kasachstan und weiteren GUS-Staaten besteht eine gute Ausgangslage. Dennoch bleiben die weiteren Auswirkungen der Euro- und Schuldenkrise wohl noch für längere Zeit stark spürbar. Stadler hat weitere Massnahmen zur Steigerung der Produktivität und zur Kostensenkung eingeleitet und ist weiterhin bestrebt, den schwierigen Bedingungen insbesondere durch Innovationen und Technologieführerschaft zu begegnen.