Neubau des Albulatunnels: Im Val Bever werden Bedenken laut

2014 will die Rhätische Bahn (RhB) mit dem Bau des neuen Albulatunnels beginnen.

Die geplanten Massnahmen rund um den Betrieb der Baustelle haben auf der Engadiner Seite Befürchtungen ausgelöst.

 

Von Manuela Nyffenegger - Neue Zürcher Zeitung

Bahnhof Spinas im Val Bever                                                            Foto: Marcel Manhart

 

 

Wer wie die Journalistin aus dem Unterland anreist, den Zug nach dem Albulatunnel in Spinas verlässt und während einer Stunde durch das Tal nach Bever spaziert, merkt schnell, warum die geplante Baustelle im Val Bever Ängste auslöst. Die Idylle ist hier noch intakt, Wanderer und Velofahrer treffen eine Ruhe an, die nur hie und da vom Lärm durchfahrender Züge gestört wird.

 

 

Grünes Licht von Ämtern

 

Genau diese so geschätzte Ruhe ist nun in Gefahr. Ab 2014 soll hier während sieben Jahren ein neuer Albulatunnel gebaut werden. Baracken und Infrastruktur für mehrere Dutzend Arbeiter sollen in Spinas entstehen. Und obwohl die RhB den Aushub per Bahn abtransportiert, lässt sich ein gewisser Baustellenverkehr nicht verhindern. Die Bahn plant, Wanderer, Velofahrer und Kutschen auf den sogenannten «Märchenweg», eine Forststrasse auf der linken Talseite, zu verlagern und die Feldstrasse auf der rechten Seite für den motorisierten Verkehr zu reservieren. Zu diesem Zweck soll die verbreiterte Feldstrasse mit einem Recycling-Belag befestigt und die Forststrasse leicht verbreitert und für Kutsche, Velofahrer und Spaziergänger mit Kinderwagen hergerichtet werden.

 

Im seit Anfang Jahr laufenden Plangenehmigungsverfahren des Bundesamts für Verkehr stiessen diese Pläne auf wenig Widerstand. Sowohl die Bundesämter für Umwelt und für Kultur als auch die kantonalen Ämter für Verkehr und für Umwelt geben grünes Licht. Auch die Umweltschutzorganisationen opponieren nicht gegen das Projekt. Sie waren von Anfang an in die Planung einbezogen.

 

 

Verein von Unterländern

 

Trotzdem sind 25 Einsprachen eingegangen, wie RhB-Vizedirektor und Leiter Infrastruktur Christian Florin gegenüber der NZZ bestätigt. Dies sei nicht ungewöhnlich, denn Privaten wie Gemeinden sei es nur via Einsprache möglich, ihre Interessen zu vertreten. So geht es bei 19 Einsprachen um Entschädigungsbegehren, die man laut Florin bald zu bereinigen hofft. Je eine Einsprache stammt von den Gemeinden Bergün und Bever; dabei geht es vor allem um Infrastrukturfragen. Die übrigen 4 Einsprachen seien mehr ideeller Natur, also von Personen, die sich grundsätzlich für möglichst minime Eingriffe im Val Bever einsetzten.

 

Genau dieses Ziel verfolgt auch der Verein Pro Val Bever, im Mai zunächst als Interessengemeinschaft gegründet. Laut dem Co-Präsidenten Martin Möhr hat man schwere Bedenken, vor allem wegen der «unverhältnismässigen» Verbreiterung und Befestigung der Feldstrasse sowie wegen des «überdimensionierten» Ausbaus der bestehenden Forststrasse, der auf dem idyllischen «Märchenweg» zu viel Rummel führe. Auch der behindertengerechte Ausbau des Bahnhofs Spinas – die Verlängerung des Perrons auf 250 Meter – «schiesst über das Ziel hinaus». Um dieser Kritik Gehör zu verschaffen, wandte sich der Verein an die Medien und lud am Freitag zu einer Begehung ein. Dabei plädierte er für den Bau einer dritten Strasse nahe dem Bach Beverin, auf der der Bauverkehr abgewickelt werden solle.

 

Im Laufe der Begehung wurde aber auch klar: Der Verein ist stark von Ängsten geprägt, hat aber wenig Informationen zur Hand. Dies erstaunt nicht, denn bisher ist Pro Val Bever weder bei der RhB noch bei der Gemeinde Bever je vorstellig geworden mit seinem Anliegen. Man kenne den Verein nur aus den Medien, erklärt Christian Florin. Tatsächlich liessen sich wohl einige Bedenken in einer Aussprache mit der RhB relativieren. Auch wäre klargeworden, dass der Wunsch nach der dritten Strasse am Gewässerschutzgesetz scheitern dürfte. Gemeindeschreiber Renato Roffler bedauert, dass sich der Verein mit seinen Bedenken nicht an die gewählte Behörde wendet, denn viele Punkte seien in der umfassenden Einsprache der Gemeinde enthalten. Erstaunen mag auch die Tatsache, dass von den rund hundert Vereinsmitgliedern der grösste Teil aus dem Unterland stammt. Nur gerade ein Drittel kommt aus dem Engadin, davon etwa zehn Personen aus Bever. Fast scheint es, als ob die Feriengäste mehr am Idyll hängen als die Einheimischen.

 

Bis im Herbst will die RhB die Einsprachen regeln. Wird keine Einigung erzielt, wird das Bundesamt für Verkehr eine Interessenabwägung vornehmen und entscheiden.