Arbeiten in Gurtnellen verlaufen nach Plan - Teure Bergstrecke

Auch zwei Tage nach der Sprengung in Gurtnellen sind die Aufräumarbeiten noch immer im Gang. Felssicherungsarbeiten und Fangnetze haben derzeit erste Priorität. Erst danach folgen die Arbeiten am Bahntrasse.

Felssicherungsarbeiten in Gurtnellen                                           Foto: Marcel Manhart

 

 

Laut SBB-Sprecher Christian Ginsig gab es durch die Sprengung keine weiteren Schäden an der Bahninfrastruktur. Dafür sorgten spezielle Schutzvorrichtungen, die die herabstürzenden Brocken auffingen.

 

Die SBB geht darum weiterhin davon aus, die Gotthard-Bahnlinie am Abend des 2. Juli wieder in Betrieb nehmen zu können. Die Details der Planung sollen am Dienstagabend festgelegt werden.
 

 

Hohe Kosten

Noch weit weniger klar als der Fahrplan sind die Kosten, die der SBB durch den Felssturz vom 5. Juni entstehen. Das Bahnunternehmen geht laut Ginsig derzeit von einem «zweistelligen Millionenbetrag» aus. Darin enthalten sind die Kosten für die Arbeiten am Fels, die Reparatur des Bahntrassees, die Ausfälle im Güterverkehr und die Umleitungen. Noch offen ist die Frage, ob die SBB ihren Kunden gegenüber für Verspätungen oder zusätzliche Kosten haftet.

Die Ausfälle sind beträchtlich. Von den 120 Güterzügen, die normalerweise pro Tag über die Gotthard-Achse rollen, können nur 45 über die Lötschberg-Simplon-Achse geführt werden. Die Zusammenarbeit mit den übrigen Bahntransportunternehmen schätzt Ginsig aber als gut ein. Die zusätzlichen Kapazitäten am Simplon seien entsprechen dem Verkehrsaufkommen am Gotthard verteilt worden.

 

Teure Bergstrecke 

Kosten in zweistelliger Millionenhöhe: Dies ist das Ausmass der infrastrukturellen und wirtschaftlichen Schäden, welche der Felssturz verursacht hat. Obwohl die Naturgefahren wegen der Klimaerwärmung laut Experten tendenziell zunehmen und die Kosten für Sicherungsmassnahmen hoch sind, wollen die SBB am Weiterbetrieb der Bergstrecke festhalten. Auch wenn 2016 der Gotthard-Basistunnel eröffnet wird. Drei Viertel der insgesamt 4000 Schutzbauten auf dem Schienennetz der SBB befinden sich auf der Gotthardstrecke. Insgesamt verschlingen die Sicherungsmassnahmen 20 bis 30 Millionen Franken pro Jahr.

 

Mehr Zwischenfälle wegen Klimaerwärmung

Immer wieder kommt es auf der Gotthard-Bergstrecke zu gravierenden Schadensfällen wie 1987, als in Gurtnellen die Geleise durch ein Hochwasser weggespült wurden. Oder 2009, als durch Steinschlag ein Intercity entgleiste und schliesslich vor zwei Wochen, als ein Arbeiter bei Sicherungsarbeiten bei einem Felssturz ums Leben kam.

Laut dem auf Naturgefahren spezialisierten Luzerner Geologen Beat Keller werden solche Schadensereignisse in Zukunft zunehmen. «Wegen der Klimaerwärmung dürfte es zu mehr Erdrutschen, Mauergängen und Überschwemmungen kommen, weil es künftig mehr Extremniederschläge gibt», sagte er in «Schweiz aktuell».

Züge auf der Bergstrecke auch nach 2016

Der jüngste Vorfall allein verursacht laut SBB Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. Auf den Weiterbetrieb der Bergstrecke wollen die SBB dennoch nicht verzichten, auch wenn ab 2016 mit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels eine weitaus sicherere Route zur Verfügung steht.

«Die Bedeutung der Bergstrecke als regionaler Zubringer für Tourismusgebiete aber auch als Ausweichvariante bei einer Überlastung des Basistunnels ist nicht zu vernachlässigen», betont SBB-Mediensprecher Christian Ginsig. Deshalb werde auch nach 2016 der Bahnbetrieb via Göschenen-Airolo aufrechterhalten.

Über das genaue Konzept verhandelt der Bund zurzeit noch mit den Kanton Uri und Tessin. Je nachdem, wie viele Personen – und Güterzüge künftig über die Bergstrecke fahren, wird schliesslich auch entschieden, ob die Linie weiterhin durchgehend doppelspurig betrieben wird oder nicht.

 

Lastwagenlawine bleibt aus

Trotz der Sperrung kam es bislang nicht zum befürchteten LKW-Kollaps auf der Strasse. Rund 200 zusätzliche Camions fahren täglich durch den Strassentunnel am Gotthard. Engpässe gibt es aber beim Transport von Gefahrgut.

Diese dürfen nicht durch den Gotthard-Strassentunnel transportiert werden, wie Thomas Rohrbach, Sprecher des Bundesamts für Strassen (Astra) sagte. Über den Pass können Sattelschlepper nicht fahren.

Ein Problem stellt laut Rohrbach etwa die Versorgung der Tessiner Spitäler mit Sauerstoff dar. Das Astra suche derzeit nach Lösungen, sagte der Sprecher. Eine Möglichkeit, die geprüft wird, ist die nächtliche Schliessung des Gotthard-Strassentunnels für den normalen Verkehr, um einen begleiteten Konvoi mit Gefahrgut passieren zu lassen.

 

 

 

 

 

Bericht SF "Schweiz aktuell" vom 19. Juni 2012